Damit hat das Denken Schwierigkeiten – aber es gibt eine Lösung
Viele Menschen haben mit Polaritäten zu kämpfen – mit Gegensätzen, die zu inneren und längerfristig auch zu körperlichen Spannungsfeldern werden, die die Betroffenen blockieren, ihnen den Schlaf und den inneren Frieden rauben.
Einige Beispiele: Eine Klientin spürt, dass ihr Herz ihre im Sterben liegende Mutter loslassen möchte, doch ihr Denken kann das nicht zulassen und wehrt sich.
Die Geschäftsführerin einer NGO glaubt, dass es nicht richtig ist, dass sie so viel mehr verdient als ihre Mitarbeitenden. Gleichzeitig will sie genügend Geld für ihre Familie verdienen, denn sie ist Alleinverdienerin. Dieser Widerspruch belastet sie.
Ein Mann steckt in einem Dilemma, das er so beschreibt: «Manchmal will ich nur noch weit weg von meiner Partnerin und sie nie wieder sehen. In anderen Momenten will ich unbedingt bis ans Ende meines Lebens mit ihr zusammen sein und kann mir nichts Besseres vorstellen. Das verwirrt mich total.»
Manchmal sind es auch unterschiedliche Charakterzüge, die ein Spannungsfeld verursachen. Eine Person kann zum Beispiel geduldig und ruhig sein, plötzlich aber voller Wut explodieren. Mit diesen Polaritäten ist sie überfordert.
Immer wieder kommen Menschen zu mir, die im Spannungsfeld verschiedener Polaritäten feststecken. Je mehr sie darüber nachdenken, desto auswegloser scheint es. Beide Seiten haben viele und überzeugende Argumente – aber beides zusammen geht irgendwie nicht.
Polaritäten können stark belasten, aber glücklicherweise zeigt sich die Lösung in der Regel innerhalb einer Sitzung. Denn es gibt eine geniale Möglichkeit, und zwar die Polaritätsreise mit Tiefenimagination. Dabei begleite ich die Klientin in eine tiefe Entspannung. Im entspannten, tranceartigen Zustand haben wir Zugang zu unserem Unterbewusstsein. Nach der Entspannungsphase bitte ich die Klientin, sich einer der Polaritäten zuzuwenden. Ich leite sie an, ihr Unterbewusstsein um ein Bild für diese Polarität zu bitten. Daraufhin zeigt sich die Polarität zum Beispiel als Tier, als Naturwesen oder manchmal auch einfach als etwas Helles oder Dunkles. Einige sehen zwar nichts, spüren aber zum Beispiel ihr Herz ganz deutlich. Wir fragen die erste Polarität, ob sie etwas braucht, und stellen so eine Beziehung zu ihr her. Dann leite ich die Klientin an, sich der anderen Polarität zuzuwenden. Wieder bittet die Klientin die Polarität, sich als Bild zu zeigen, worauf das Unterbewusstsein ihr auch diese Polarität auf eine passende Weise näherbringt. Nachdem die Klientin beide Polaritäten kennenlernen durfte, leite ich sie an, zu schauen, ob die beiden Polaritäten bereit sind, sich zu begegnen. Dabei wird nichts erzwungen, und wir bleiben allen Facetten gegenüber stets respektvoll.
Manchmal sind die Widerstände der beiden Seiten, sich zu begegnen, sehr gross. Wenn man ihnen aber gibt, was sie brauchen, ist eine Begegnung und Verbindung und manchmal sogar eine Verschmelzung zu etwas Neuem möglich. Die Begegnung der Polaritäten entspannt das innere Spannungsfeld, denn plötzlich kann beides gleichzeitig anwesend sein. In diesem Raum entsteht eine neue Möglichkeit. Beide Seiten finden ihren Platz, oder es entsteht etwas komplett Neues, das aus der Verschmelzung beider Polaritäten hervorgeht. Das ist möglich, weil das Fühlen, das Wahrnehmen und die Imagination keine Probleme mit Gegensätzen haben, während das Denken damit schnell einmal überfordert ist.
Das Denken, das die sterbende Mutter nicht loslassen konnte, sieht plötzlich, dass es nicht alles loslassen muss, sondern die Erinnerungen und vor allem die Liebe zur Mutter bleiben dürfen. Die Geschäftsführerin der NGO kann erleben, wie ihr Sinn für Gerechtigkeit nicht nur ihre Mitarbeitenden betrifft, sondern auch auf ihre Familienmitglieder übergeht, die eine stabile finanzielle Situation verdienen. Der Mann, der hin- und hergerissen ist zwischen grosser Liebe und dem Drang, davonzulaufen, spürt, dass er Momente des Rückzugs braucht. Wenn dieses Bedürfnis Platz hat, will er seine Frau nicht verlassen. Die ruhige Person, die manchmal von ihrer Wut überrollt wird, erlebt, wie sich die Wut und die Geduld in ihr verbinden und zur Fähigkeit werden, ihre Bedürfnisse ernst zu nehmen und diese klar, aber ruhig zu formulieren.
Wenn Polaritäten sich entspannen, entsteht Klarheit, wo vorher das Seilziehen der Gedanken einem den Schlaf und das Wohlbefinden geraubt hat. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich eine Polaritätsreise begleiten darf und erleben kann, wie etwas, das vorher blockiert war und nach einem Entweder-oder verlangt hat, plötzlich zu einer neuen Möglichkeit wird, die es zuvor nicht gab.


