Direkte Beziehungen (sechster Teil): Gaben und Talente

Manchmal kommen Menschen mit der Frage zu mir, wie sie ihre Gaben und Talente besser nutzen und für ihre Ziele und Wünsche einsetzen können. Ich möchte die Frage anders stellen: Wie können wir eine bessere Beziehung zu unseren Gaben und Talenten aufbauen? Wenn wir etwas benutzen und einsetzen, ohne Kontakt damit aufzunehmen, fehlen Respekt, Liebe und Achtsamkeit. Ich bin überzeugt, dass Gaben und Talente nicht einfach benutzt und eingesetzt werden sollten, sondern dass sie ihr volles Potenzial nur dann entfalten, wenn sie gehört, angenommen und respektiert werden. Gaben und Talente entwickeln sich am besten, wenn zwischen ihnen und dem Ich eine lebendige Beziehung besteht.

Wenn ich zum Beispiel etwas schreiben will, einen Brief, einen Blogbeitrag oder einen Tagebucheintrag, setze ich mich gerne mit einer Tasse Tee hin, entspanne mich und warte, bis es in mir still wird. Dann versuche ich, Kontakt mit dem Schreiben aufzunehmen. Auch wenn das Schreiben sicherlich nicht meine stärkste Gabe ist, begleitet es mich seit meiner frühen Kindheit. Das Schreiben hat mich nie verlassen, es hat mir durch schwere Zeiten geholfen, mir erlaubt, mein Herz zu erleichtern, mir ermöglicht, meine Erfahrungen zu teilen, Gefühle zu formulieren und mir viele Momente der Freude und der Verbundenheit geschenkt. Es ist also ein wichtiger Teil von mir, und ich spüre Dankbarkeit, wenn ich Kontakt mit ihm aufnehme. Diese Dankbarkeit und Wertschätzung helfen dem Schreiben, sich zu entwickeln. Wenn ich seine Präsenz spüre, begrüsse ich es. Manchmal frage ich, wie es ihm geht. Und manchmal sagt es mir dann, dass ich ihm zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe. Meistens stimmt es, und dann spüre ich aufrichtig, dass es mir leidtut. Manchmal sage ich auch, dass ich anderer Meinung bin. Und dann frage ich, worüber wir heute schreiben sollen oder was das Schreiben der Welt mitteilen möchte. Manchmal frage ich es auch, ob es mir bei einem bestimmten Thema helfen wolle. Und wenn wir eingestimmt sind, legen wir los. Verbunden, im Vertrauen, froh und neugierig darauf, was werden will.

Für viele Menschen sind ihre Gaben und Talente wie Freunde, die jedoch weit weg wohnen oder die sie viel zu selten sehen. Manchmal sind sie auch völlig Fremde, die sie zuerst einmal kennenlernen müssen, um ihnen nach und nach immer mehr vertrauen zu können. Manche behandeln ihre Gaben und Talente wie Werkzeuge, die sie hervornehmen und weglegen können, ganz wie es ihnen beliebt. In all diesen Fällen ist Beziehungsarbeit hilfreich. Die Beziehung zu meinen eigenen Gaben und Talenten erarbeite und vertiefe ich gerne mit der Tiefenimagination. Und das biete ich auch meinen Klientinnen und Klienten an, die ich dann auf eine Tiefenimaginationsreise begleite. Das Unterbewusstsein zeigt auf wunderbare Weise auf, wie diese Beziehungen entstehen und wachsen, wie sie heilen, sich entspannen und vertieft werden können. Es kennt den Weg fort von der erlernten Dominanz des Ichs hin zu einer Beziehung, welche die Gaben und Talente kraftvoll ans Licht bringt.

  • Entspannst du dich manchmal, wirst still und nimmst Kontakt zu einer deiner Gaben auf? Bist du neugierig, wie sie sich anfühlt, wie sie aussieht, wie sie spricht?
  • Fragst du, was sie von dir braucht, damit sie sich respektiert, gesehen und angenommen fühlt? Bist du offen zu lernen, welche Umgebungen sie mag, zu welchen Uhrzeiten sie am besten zugänglich ist?
  • Hörst du deiner Gabe zu, wenn sie dich ruft? Oder bist immer du es, die bestimmt, wann es Zeit zum Wirken ist?
  • Weisst du, wofür deine Gabe dir zur Verfügung stehen möchte?
  • Weisst du, mit welchen Teilen von dir – dem Denken, dem Fühlen, der Kreativität, dem Körper, dem Sehen… – deine Gabe zusammenarbeiten möchte? Wie ist die Beziehung zwischen diesen beiden Teilen? Arbeiten sie harmonisch zusammen oder eher gegeneinander?
  • Fragst du den Teil von dir, der den Fluss manchmal blockiert*, was er von dir braucht, damit er sich entspannen kann und für die Zusammenarbeit motiviert ist?

Oft vernehme ich von den Gaben und Talenten meiner Klientinnen und Klienten, dass sie sich mehr Zeit, Entspannung und Respekt wünschen. Manchmal brauchen sie Heilung. Oft sind ein vertiefter Kontakt, Verbindung und eine lebendige Beziehung wichtig.

Die Ursache dafür, dass viele Menschen keine Beziehung zu ihren Gaben und Talenten haben, liegt aus meiner Sicht in der weitverbreiteten Haltung, dass der Mensch sich überall einfach bedienen und alles benutzen kann, um die Wünsche seines Egos zu erfüllen und Schmerz zu vermeiden. Viele bedienen sich gedankenlos bei der Natur und umgeben sich mit Menschen, die sie brauchen, ohne mit ihnen in Beziehung zu treten. Sie (miss)brauchen aber auch ihren eigenen Körper, die eigenen Kräfte, Gaben und Talente, die ohne Kontaktaufnahme oder ein freundliches Wort unermüdlich zum Einsatz gezwungen werden. Im Leben vieler Menschen fehlt es an Beziehung, an Dankbarkeit, Kontakt und Verbindung, und das bildet sich dann in einer Welt ab, in der es vielerorts ebenfalls an Respekt, Verbundenheit und Mitgefühl, an tiefer Freude, Harmonie, Liebe und Lebendigkeit fehlt.

Indem wir uns um all unsere Beziehungen kümmern – auch um diejenigen zu unseren verschiedenen Facetten, Talenten und Gaben – können wir das verändern. Wenn auch du dir wünschst, dass deine Gaben und Talente ihre volle Kraft entfalten dürfen, ist es hilfreich, Kontakt zu ihnen aufzunehmen und direkt von ihnen zu lernen, was sie brauchen, damit das möglich wird.

Falls du auch die ersten fünf Beiträge zum Thema direkte Beziehungen lesen möchtest: Du findest sie hier: Teil 1 | Teil 2 | Teil 3 | Teil 4 | Teil 5

* Zum Thema Blockaden erfährst du mehr im nächsten Blogbeitrag.

Kontakt

Share This