Auch Liebe ist oft zurückgehaltenes Potenzial

Vor einigen Jahren kam ein Klient zu mir. Sein Anliegen war, dass er gegen seine Angst vor Menschen zu sprechen – und das musste er in seinem Berufsalltag regelmässig – keine Medikamente mehr nehmen wollte. Seine Angst war, dass die Ursache für seine Blockade ein ihm noch nicht bekanntes, schlimmes Trauma sein könnte. Die Angst vor dem, was sich da zeigen würde, hatte ihn jahrelang daran gehindert das Thema anzugehen. Und so hatte er regelmässig die vom Arzt verschriebenen Medikamente genommen.

Als wir mit Coaching und Körperarbeit anfingen in seinem Körperbewusstsein nach möglichen Ursachen für seine Angst zu suchen, fanden wir zu seiner Überraschung zurückgehaltene Liebe.
Wir fanden die Angst, so verletzlich zu sein wie in seiner Jugend, als er den Mut nicht gefunden hatte sein Liebe zu zeigen, aber auch die Angst davor, dass diese Liebe, die rein und bedingungslos war, missverstanden werden könne. Was würde passieren, würde er seine bedingungslose Liebe im Arbeitsumfeld, aber auch ausserhalb seiner liebevollen Beziehung mit seiner Frau, zeigen? Seine Angst war, seine Liebe würde missinterpretiert werden als sexuelle Energie, Distanzlosigkeit oder Beziehungsinteresse. Er war in einer glücklichen Beziehung, die er schützen wollte und hatte kein Interesse sich anderweitig auszuleben.

Ich erklärte ihm, dass die bedingungslose Liebe wohl unser aller Essenz ist.
Und dass wir, wenn wir diese spüren, einfach unsere Mitte spüren. Mit anderen Worten, das ewige Sein in uns.
Ich erklärte, wie diese Frequenz uns immer wieder zu uns nach Hause holen kann. In die Zentrierung, in die Mitte. Vom geschäftigen Tun ins zeitlose, wertfreie und bedingungslos liebende Sein.
Aber auch, dass es viele Missverständnisse um diese tiefe, kraftvolle Frequenz gibt. Missverständnisse, die viele Menschen von ihrer Quelle trennen und sie schwächen.

Eines der Missverständnisse ist, dass bedingungslose Liebe immer mit sexueller Anziehung einhergeht. Dies führt dazu, dass wir diese Liebe im Alltag oft unterdrücken.

Ein anderes, ähnliches Missverständnis ist, dass wir überall da, wo wir bedingungslose Liebe spüren, auch Beziehung suchen sollten. Das bedeutet, dass bei vielen Menschen, wenn in einer Begegnung die Qualität der bedingungslosen Liebe auftaucht, der Glaube besteht, sie müssten dieser Qualität im Rahmen einer Beziehung Raum geben oder sie auf der sexuellen Ebene ausleben. Es ist für viele Menschen leider sehr selten, dass sie diese Qualität des Bedingungslosen erleben. Dadurch glauben viele, es sei etwas ganz Besonderes. Doch eigentlich ist es ganz einfach das Begegnen von Herz zu Herz, das gesehen werden von Seele zu Seele, das wir vor lauter Bewerten verlernt haben.
Dieses Missverständnis, dass tiefes Begegnen immer zu Beziehung führen sollte, führt entweder zu viel Verwirrung und Beziehungsstress, weil zum Beispiel durch so eine Begegnung plötzlich eine Aussenbeziehung in Frage kommt. Oder er führt zu viel unterdrückter und zurückgehaltener Liebe und Energie, weil dieser Stress der Beziehungsebene vermieden werden will.

Ein weiteres, weit verbreitetes Missverständnis ist, dass wir die Erfahrung der bedingungslosen Liebe nur mit einem einzigen Menschen erleben können, und darum abhängig von dieser Beziehung sind.

Und dann kommen all die Erfahrungen dazu, wo wir mit bedingungsvoller Liebe konfrontiert waren und geglaubt haben, dass unser Wert als Mensch (unsere bedingungslose Natur), nun von Bedingungen anhängt.
Die bedingungsvolle Liebe knüpft ein offenes, liebendes Herz, Belohnung und Zuwendung an Bedingungen: Wenn du lieb bist und dies tust, dann bekommst du Zuwendung, Liebe, Anerkennung und Aufmerksamkeit. Und nichts ist zerstörender und schmerzhafter, als wenn unser Wert als bedingungslos liebender Mensch von Bedingungen abhängt, für die wir uns verbiegen müssen.

All diese Missverständnisse führen zu Leiden und entfernen den Menschen von sich selbst, seinem Gefühl für sich Selbst und seiner Selbstliebe.
Bei vielen Menschen ist das Bedingungslose so sehr ins Unterbewusstsein verschwunden, dass sie nicht mehr wissen, wie sie in ihren Beziehungen und in der Sexualität mit bedingungsloser Liebe begegnen können.

Was sind deine Glaubenssätze über die Liebe?
Was sind deine Bedingungen, die du gelernt hast, erfüllen zu müssen, um liebenswert zu sein?
Hältst du deine Liebe manchmal zurück?

Die Geschichte mit dem Klienten ging dann so weiter, dass der Klient anfing, seine eigenen Missverständnisse zu sortieren und eine Klarheit für diese bedingungslose Liebe zu entwickeln. Und als er aufgehört hatte, dieses Gefühl mit anderen Dingen zu vermischen, machte er beim Sprechen jeweils eine Übung, die ihm half, sein Herz während dem Sprechen offenzuhalten. So ging nicht nur seine Blockade beim Sprechen vor Menschen weg, sondern auch eine generelle Unsicherheit, an die er sich schon gewöhnt hatte, löste sich langsam auf und machte seinem liebevollen, klaren und gestärkten Wesen Platz.

Es war Arbeit. Aber es funktionierte und was sich dabei zeigen durfte, war berührend. Für mich und, wie er mir erzählte, auch für andere.

Ich habe viele ähnliche Fälle erlebt, zum Teil mit anderen Symptomen und Blockaden.

Und immer wieder ging es darum, Missverständnisse rund um die kraftvolle bedingungslose Liebe zu klären.

Kennst du den Unterschied zwischen bedingungsloser Liebe und der Liebe, die an Bedingungen geknüpft ist?
Kennst du diesen Ort des Bedingungslosen in dir?

Wir leben in beiden Welten. In der bedingungslosen Welt und in der Welt, wo wir Bedingungen, Abmachungen, und Bewertung brauchen.
Wird eine davon unterdrückt, weil wir entweder alles gut finden, akzeptieren und lieben müssen oder umgekehrt, stets Bedingungen erfüllen müssen, um liebenswert zu sein, entstehen Symptome.

Teil meiner Arbeit ist es, Einzelpersonen, Paaren und Teams aufzuzeigen, wie beide Welten Platz haben, so dass keine unterdrückt werden muss. So kann innewohnendes Potenzial auf dem Boden des Bedingungslosen wachsen und gleichzeitig durch Bedingungen lernen und sich entfalten.

Einzelpersonen

Paare

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