Direkte Beziehungen (dritter Teil)

Falls du mit den ersten beiden Beiträgen zum Thema direkte Beziehungen anfangen möchtest: Du findest sie hier: Teil 1 und Teil 2.

Eine gesunde Welt braucht gesunde Beziehungen. Wir haben Beziehungen zu uns selbst, zu unserem Körper, zu unseren Emotionen, zu unserem inneren Kind, zu bestimmten Orten, zu Materialien, zu anderen Menschen, zur Umwelt, zu Pflanzen, zu Tieren, zur Natur. Viele dieser Beziehungen sind nicht gesund, sondern von Kontrolle, Einseitigkeit, Bewertung, Macht, Schmerz oder Angst geprägt.

Damit wir anderen und anderem mit Liebe und Respekt begegnen können, steht an erster Stelle die liebe- und respektvolle Beziehung zu uns selbst. Eine zentrale Rolle spielt dabei der liebevolle Umgang mit unseren Fehlern. Wie können wir unseren Fehlern begegnen, ohne sie zu bewerten? Indem wir in Beziehung mit ihnen treten und sie als Teil unseres Lebens anerkennen.

Manchmal hilft es, unseren Fehlern einen Brief zu schreiben. Das könnte der Anfang einer Freundschaft sein. Ein Beispiel:

Lieber Fehler, es tut mir leid, dass ich dich aus meinem Leben verbannen wollte. Dass ich dich ausmerzen, nicht wahrhaben und verstecken wollte. Nun bin ich endlich bereit für eine gesunde Beziehung zu dir. Ich möchte dir zuhören, von dir lernen, mit dir und durch dich wachsen, und ich möchte sehen, wie du mein Leben weiter, lebendiger, humorvoller und farbiger machst. Lass mal sehen, wo du in meinem Leben überall warst, und dann schauen wir, was daraus geworden ist. Vielleicht gibt es in unserer Beziehungsgeschichte einiges, was noch heilen darf, aber ich bin zuversichtlich, dass wir das gut hinbekommen.

Wie ist dein Umgang mit deinen Fehlern?

Meine erste Erinnerung an Fehler stammt aus der Schulzeit. Ich hatte grosse Freude am Schreiben. Ich wollte spielen. Vor allem mit den grossen und kleinen Buchstaben hatte ich viel Spass. Manche Wörter sahen schöner aus, wenn der Grossbuchstabe in der Mitte war, bei anderen mochte ich den Grossbuchstaben am Ende. Den R schrieb ich besonders gerne gross. Manchmal auch das CH. CHRistoph, fand ich, sah super aus so. Doch mein Spass wurde jäh unterbrochen von vielen roten Strichen. Alles Fehler. Meine wunderbare Welt brach zusammen. Niemand konnte sehen, dass es, so wie ich es geschrieben hatte, doch viel schöner aussah. Offenbar war viel wichtiger, dass die Rechtschreibung korrekt ist.

Das war eine sehr schmerzhafte Erfahrung. Viele Jahre war diese Erinnerung in meinem Unterbewusstsein vergraben. Sie tauchte erst wieder auf, nachdem ich gelernt hatte, tief in mich hineinzulauschen und mir zuzuhören. Offen und ohne zu bewerten schaute ich, was geheilt werden möchte. Ich weinte herzzerreissend und tröstete mein inneres Kind lange, als diese Erinnerung sich mir offenbarte.

Durch diese heilsame Erfahrung wurden meine Verbindung zum Schreiben und meine Beziehung zu Fehlern entspannter. Überhaupt habe ich durch die Beziehung zu meinen Fehlern schon viel gelernt. Präsenter zu sein, bei mir zu sein, mich zu spüren, mir zu vertrauen, zuzuhören, etwas zu wagen, mich zu mögen, imperfekt wie ich bin, andere und ihre Fehler anzunehmen. Ich habe kreative Lösungen entdeckt, die besser waren als alles zuvor Geplante, Gelassenheit gelernt, die Kraft der Verletzlichkeit erlebt und Freiheit gefunden. Und wenn ich mal nicht verstehe, warum mir ein Fehler passieren musste, dann frage ich ihn direkt: «Hey, Fehler, was machst du hier? Was gibt es da zu lernen für mich?»

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