Direkte Beziehungen (erster Teil)

Eine Welt im Gleichgewicht ist eine Welt der direkten Beziehungen. Wir sollten, am besten schon als Heranwachsende, lernen dürfen, in gleichberechtigten Beziehungen zu sein. Mit uns selbst, mit anderen Menschen, mit unserer Umgebung und mit der natürlichen Welt. In direkter Beziehung zu sein bedeutet, nicht über das Kind zu reden, sondern mit ihm, nicht über den Körper und über uns, sondern mit dem Körper und mit uns. Nicht über die Natur, die Tiere und den Nachbarn, sondern mit ihnen. Direkt eben.

Wir sollten immer zuerst bei uns selbst anfangen, also bei der Beziehung zu uns selbst. Wenn ich eine gute Beziehung zu mir selbst haben will, brauche ich eine gute Beziehung zu allem, was mich ausmacht: zu meinem Körper, zu meinen Emotionen, zu meinen Wahrnehmungen, zu meinem Denken, zu meinen Träumen und Visionen, aber auch zu Symptomen, zum inneren Kind und zur Seele.

Wie ist deine Beziehung zu dir?
Hast du eine Beziehung mit dir, die du achtsam pflegst?

Ganz oft bestimmen wir über unseren Körper, kontrollieren unsere Emotionen, verdrängen unsere Schmerzen, analysieren unsere Träume, geben unserem Denken die Macht über uns, lehnen unsere tiefsten Bedürfnisse ab, ignorieren Botschaften der Seele oder lassen uns vom inneren Kind überrumpeln. Wenn wir das tun, sind wir nicht in Beziehung mit uns, sondern in einem Muster von Macht, Kontrolle, Ablehnung, Zurechtweisung und Überforderung gefangen, was eine nährende Beziehung zu uns selbst und unsere Beziehungsfähigkeit im Allgemeinen behindert.

Wie also können wir eine gesunde Beziehung zu uns und zu allem, was uns ausmacht, aufbauen? Indem wir uns zuwenden, Kontakt aufnehmen und bereit sind, uns ehrlich mitzuteilen und mit allen Sinnen zuzuhören.

Eine persönliche Geschichte aus meinem Leben:

In Kontakt mit meinen Kopfschmerzen
In den Sommermonaten dieses Jahres hatte ich zwei Mal starke Kopfschmerzen. Beim ersten Mal waren die Schmerzen hämmernd, fast laut. Ich konzentrierte mich auf den Schmerz und fragte ihn, ob ich mehr darüber erfahren dürfe, warum er da war. Sogleich hatte ich ein Bild vor meinem inneren Auge: Mein Kopf war voller Tiere, die alle durcheinander schrien. Es geschieht ganz oft, dass unsere Imagination uns Emotionen, Energiezentren, unbewusste Aspekte oder Symptome als Tiere zeigt. Ich sprach innerlich zu diesen Tieren und sagte ihnen, dass ich bereit sei, ihnen zuzuhören, dass das aber nur ginge, wenn schön eins nach dem anderen sein Anliegen zum Ausdruck bringen würde. Sie waren einverstanden. Den Anfang machte ein Eichhörnchen. Es sagte, was es an mir schätzt. Dann kam das nächste Tier, ein Elefant. Auch er wollte mir mitteilen, was er an mir mag. Es war etwas anderes als das, was das Eichhörnchen gesagt hatte. Dann sprach das nächste Tier, und auch es wollte mir sagen, was es besonders liebenswert an mir findet. Und so empfing ich lauter Komplimente. In kürzester Zeit wurden mir ganz viele meiner Qualitäten bewusst, und ich spürte eine tiefe Selbstliebe, die ich so noch nie gefühlt hatte. Ich liess es zu, und die Kopfschmerzen verschwanden.

Ein paar Wochen später wachte ich mitten in der Nacht wieder mit Kopfschmerzen auf. Diesmal war es anders. Es fühlte sich an, als würde mein Kopf zusammengedrückt und wollte explodieren. Wieder wendete ich mich dem Schmerz zu und fragte ihn, ob ich mehr darüber erfahren dürfe, warum er da war. Das Eichhörnchen tauchte auf, es war wütend und fühlte sich offensichtlich eingesperrt. Mir wurde bewusst, dass ich den ganzen Tag drinnen verbracht hatte, bei geschlossenen Fenstern, damit die Sommerhitze nicht hereinkam. Und ich erinnerte mich an einen Impuls am Vormittag, als ich den Drang nach Weite verspürt und für einen kurzen Moment die Idee gehabt hatte, an einen See zu fahren und mit einem Pedalo in die Mitte des Sees zu fahren. Ich hatte diesen Impuls jedoch mit dem Argument verdrängt, dass es auf dem See viel zu heiss sei, und mir eingeredet, dass es gut für mich sei, wieder einmal einen Tag zu Hause zu verbringen. Das Eichhörnchen zeigte mir nun aber auf, dass ein Teil von mir sich nicht gesehen fühlte und wütend war. Und nun spürte auch ich selbst es wieder: mein Bedürfnis nach Ausdehnung, Weite und frischer Luft. Ich versprach dem Eichhörnchen, am nächsten Tag in die Berge zu fahren, an einen frischen Bergsee mit Aussicht. Als ich dieses Bild vor mir hatte und mein Versprechen tief im Herzen spürte, liessen die Kopfschmerzen nach, und ich schlief wieder ein.

Nimmst du manchmal Kontakt mit deinen Symptomen auf, und bist du bereit, ihnen zuzuhören und zu lernen?

Für die meisten ist das am Anfang ungewohnt. Es braucht Zeit, Übung und manchmal auch Begleitung, bis wir dem inneren Wissen, den Bildern, Gefühlen, Worten und Wahrnehmungen vertrauen und diese empfangen, zulassen und ernst nehmen dürfen.

Ich möchte dich ganz fest einladen, es zumindest zu versuchen.

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