Direkte Beziehungen (fünfter Teil): Beispiele

Mit meinen Blogs «Direkte Beziehungen» möchte ich deutlich machen, wie oft wir über etwas nachdenken und Antworten mit dem logisch-linearen Verstand suchen. Einem Verstand, der nur Antworten liefern kann, die er schon mal gehört oder gelesen hat, die er logisch findet und kennt. Und so bestimmen und entscheiden wir sehr oft über Körper, Seele und Geist, über Andere und über die Natur, ohne – wie es eigentlich ganz naheliegend wäre – diese direkt anzusprechen. Wir handeln also, ohne zum Beispiel die Kopfschmerzen zu fragen, warum sie da sind, welche Funktion sie haben, was sie uns mitteilen wollen. Dabei könnte sich auf diese Weise vieles sehr schnell klären, und inneres Wachstum und Entfaltung würden Raum erhalten.

Falls du mit den ersten vier Beiträgen zum Thema direkte Beziehungen anfangen möchtest: Du findest sie hier: (Link 1 und Link 2 und Link 3 und Link 4)

Nun zu den Beispielen:

Achtsamkeit statt Übelkeit
Neulich wurde mir frühmorgens auf dem Weg zur Arbeit plötzlich übel. Anstatt mir zu überlegen, was mir nicht gut bekommen sein könnte, fragte ich meinen Körper. Im Weitergehen richtete ich meine Aufmerksamkeit auf die Magengegend und fragte, was los sei. Sofort spürte ich, wie mein Körper mich wissen liess, dass mein Denken schon in verschiedenste Richtungen aktiv war und dies meinem Körper zu viel war – ihm wurde ganz schwindlig und übel davon. Ich dankte meinem Körper dafür, dass er mich wissen liess, was los war. Dann lenkte ich meine Aufmerksamkeit auf meine Füsse und auf die Verbindung zum Boden, sog die kühle Luft ein, nahm den Morgenhimmel und meine Umgebung wahr. Ich grüsste die Bäume und Büsche, an denen ich vorbeiging, und fühlte mich mehr und mehr verankert und verbunden. So kamen meine Gedanken zur Ruhe und meine Übelkeit verschwand sofort.

Meditation und Mitgefühl
Seit Jahren meditiere ich jeden Morgen. Meist gelingt es mir ganz gut, und mein Geist kommt rasch zur Ruhe. Eines Morgens aber bewegten sich die Gedanken unkontrolliert in alle Richtungen, und es gelang mir nicht, sie zur Ruhe zu zwingen. Also sprach ich innerlich mit meinem Denken und sagte ihm, dass ich mich gerne auf den bevorstehenden Tag vorbereiten wolle und es mir helfen würde, wenn ich mich konzentrieren könnte. Kaum hatte ich mein Anliegen formuliert, sah ich vor meinem inneren Auge ein Kind, das ungestüm in alle Richtungen rennt, während seine Eltern immer wieder versuchen, es einzufangen, damit es ruhig auf einer Bank sitzt. Ich spürte die Freude und den Lebenswillen dieses Kindes. Es wollte spielen, entdecken, lebendig sein, den Körper spüren, laufen und sich bewegen und nicht still auf der Bank sitzen. Ich konnte das Kind so gut verstehen, und Sekunden später wurde mir bewusst, wie oft ich meinen Drang nach Lebendigkeit, Bewegung und Entdeckungsfreude hatte unterdrücken müssen, um still zu sitzen und mich auf das zu konzentrieren, was die Lehrerin oder der Lehrer uns hatte lehren wollen. Ich spürte die Spannungen in meinem Körper, die daraus entstanden waren, und mein Bedürfnis, mich aus diesem Korsett zu befreien. Es war eine gute Meditation, in der mir vieles bewusst wurde und ich mir selbst verständnis- und liebevoll begegnen durfte.

Durst statt Hunger
Eines Nachmittags folgte ich einem inneren Impuls und ging in die Küche. Ich öffnete den Vorratsschrank. Ich öffnete den Kühlschrank. Ich schaute die Lebensmittel an und versuchte herauszufinden, was ich brauchte. Aber nichts sprach mich an. Nachdem ich die Schränke mehrmals geöffnet und wieder geschlossen hatte, setzte ich mich und fragte dorthin, wo ich den inneren Impuls wahrgenommen hatte: Warum genau wolltest du in die Küche? Die Antwort kam postwendend: Mir wurde bewusst, dass ich etwas trinken wollte.

Inneres Kind
Es war Sonntagnachmittag, und ich sass in der Wintersonne auf einer Bank im Park, als mich die Lust auf ein Kägifret überfiel. Das war ungewöhnlich. Ich habe sehr selten ein dringendes Bedürfnis nach Schokolade. Und ein Kägifret hatte ich seit Jahren nicht mehr gegessen. Wenn sich etwas sehr dringend anfühlt, das vernünftig betrachtet – aus erwachsener Sicht – nicht dringend ist, kann das bedeuten, dass etwas da ist, das aus der Kindheit kommt. Also wandte ich mich meinem inneren Kind zu. Meistens spüre ich es, sobald ich mich ihm zuwende, und manchmal sehe ich es vor meinem inneren Auge. So war es auch in diesem Moment. Ich fragte mein inneres Kind, wie es ihm gehe, und erfuhr, dass es traurig war, weil es sich allein fühlte. Ich stellte mir vor, wie ich das Kind in den Arm nahm und ihm mit Mitgefühl begegnete. Als ich wieder zu Hause war, kochte ich einen heilsamen Kakao aus zeremoniellem Kakao, wärmenden Gewürzen, pflanzlicher Milch und Honig. Und bald sass ich wohlig und zufrieden wie ein vollkommen umsorgtes Kind daheim auf dem Sofa und genoss das Nichtstun und die heilsame Ruhe eines Wintersonntags.

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